Linkhänder spielen auch in der Belletristik eine - mehr oder weniger große - Rolle. Nachfolgend stellen wir Ihnen einige Zitate vor. Auch in der Bibel finden sich Stellen, an denen Linkshändigkeit erwähnt wird.
Wenn Sie selbst auf Literaturstellen stoßen, bei denen Linkshändigkeit erwähnt wird, so teilen Sie uns diese doch bitte mit.
(i.e. Rotraut Klein-Moquay, Künstlerin, Schwester von Günther Uecker und Witwe von Yves Klein) Zeit Magazin Nr. 1, 29. Dezember 2016, S.28
(...) Eigentlich wollte ich gern lernen, wie alle Kinder. Aber sobald ich in der Schule den Bleistift automatisch in die linke Hand nahm, hat die Lehrerin mit einem Stock auf meine Hand geschlagen. Ohne mir zu erklären, warum. Ich habe gedacht, sie mag mich wohl nicht, und mich innerlich zurückgezogen. Die ersten vier Jahre in der Schule habe ich fast gar nichts gelernt, ich konnte weder lesen noch schreiben. Auf dem Hof zu arbeiten, mit den Tieren, machte mir dagegen Freude. (...)
S. 115 - 117, Piper 2007
"Wohin wolltest du?"
"Nirgendwohin", erwiderte sie, "ich habe es zuhause nicht mehr ausgehalten. Sie können einander auf den Tod nicht leiden, mein Mann und mein Sohn. Ich ertrage das nicht."
"Dein Sohn müsste ausziehen. Was hieltest du davon, wenn ich ihn in meine Obhut nehme und auf ein Internat schicke?"
"Selbst wenn Grubbelt damit einverstanden wäre, so würde mein Sohn sich doch heftig dagegen wehren. Er widersetzt sich nämlich allem, er ist so launisch, so querköpfig, so widerspenstig. So schnell wie möglich auf See, das scheint mir das Beste. Vor Island, an Bord der Duisen Vreesen, da kriegen sie ihn bestimmt klein, meinst du nicht?"
"Ich würde ihm gern das Los eines Prickenbeißers ersparen. Dafür stehen uns genug Waisenjungen zur Verfügung."
"Aber er kann doch immer noch aufsteigen. Prickenbeißer, Auskiefer, Einpacker, Matrose, Steuermann."
"Sein Leben lang Fischer. Will er das?"
"Er will nicht."
"Er sollte."
"Lass doch. Wenn ich ihn anschaue, sehe ich deine Augen, deinen Mund. Wenn er geht, ist es für mich, als gingest du vorüber. Die Art, wie er redet. und wenn er demnächst in den Stimmbruch kommt, spricht er mit deiner Stimme. Bisher ist noch niemandem aufgefallen, wie sehr er dir ähnelt, aber wenn du ihn ."
"Ich würde so gern."
"Lieber nicht. Lieber jetzt noch nicht. Später vielleicht."
"Eine Frage noch. Ist Gilles Linkshänder?"
"Ja."
"Dann kann er die Seefahrt vergessen. Es gibt keine Büse und keinen Huker, auf der man einen Linkshänder an Bord haben will."
"Weißt du das genau?"
"Du kannst ja deinen Mann fragen. Ehrlich gesagt, wundert es mich, dass er dir das nicht schon längst gesagt hat. Aber vielleicht schämt er sich, dass er ein linkshändiges Kind hat. Auf See, davon sind die Fischer überzeugt, bringen Linkshänder Unglück."
"Aber."
"Auf Schiffszimmerwerften hingegen sind Linkshänder erwünscht. Die können an Stellen arbeiten, an die Rechtshänder schlecht herankommen. Soll ich Leendert Steur einmal fragen, ob er auf seiner Werft einen linkshändigen Lehrjungen gebrauchen kann?"
"Ich werde das mit Grubbelt besprechen."
Köln: Kiepenheuer & Witsch, 5/2013, S. 159
Ich war ein unheilbarer Linkshänder. Ich warf und kickte Bälle mit links, fiel beim Stürzen immer auf die linke Hand - selbst den Geigenbogen hatte ich zuerst in die linke Hand genommen und die Geige in die rechte. Jedes Mal, wenn die Lehrerin den Stift in meiner linken Hand entdeckte, schlug sie ihn mir - manchmal von hinten - mit ihrem Stock aus den Fingern und verabreichte mir genau abgezählte Schläge auf die ausgestreckte Frevelhand. Wer die Hand vor dem Schlag wegzog, hatte unter dem Spott der Mitschüler eine weitere Runde von Schlägen zu gewärtigen.
(1) S. 52 "Ich saß rechts neben Volker, und weil ich Linkshänder war, kamen wir uns immer mit den Ellbogen ins Gehege, bis wir ein für allemal umgesetzt wurden, Volker nach recht und ich nach links, damit wir uns nicht mehr benahmen wie die Botokuden."
(2) (S. 89/99) "Meinen Namen konnte ich schon schreiben, aber nur mit links. Mama wollte, daß ich mit rechts schreibe. Kinder, die mit links schreiben lernten, würden später, wenn sie Füller hätten, die nasse Tinte beim Schreiben mit der Hand verschmieren. Ich sollte mit rechts schreiben lernen und durfte dafür weiter mit links malen."
(3) (S. 101) (In der Schule) "Wir sollten die erste Seite aufschlagen. Da war ein Junge, der eine Sonne und einen Osterhasen und Küken malte. Der Junge hieß Hans. Frau Kahlfuß schrieb den Namen von dem Jungen an die Tafel, und wir sollten versuchen, den Namen abzuschreiben. Dieter Aulich und ich waren früher damit fertig als die anderen in der Klasse. Ich mußte aber nochmal neu aufangen, weil ich mit links geschrieben hatte. Mit rechts dauerte es viel länger."
(4) (S. 421) "Mama rief bei Grlün-Weiß Vallendar an, und ich wurde zum Training der C-Jugend bestellt. Da sollten Elfmeter geschossen werden. Mama kam mit. Ich lief an und schoß mit rechts, weil ich dachte, das gehöre sich so, aber mit rechts war bei mir ein Bums dahinter. Der Fußball trudelte in die Arme des Torwarts, und ich wurde der D-Jugend zugeteilt. (...) Ich hätte einen sagenhaft lahmen ersten Schuß abgegeben, sagte Mama abends, und da sei sie nachhause gegangen. Weiß der Kuckuck, weshalb ich nicht gleich mit links geschossen hatte."
(1) (S. 137) "In Konfi (Konfirmationsunterricht) ritt Pastor Böker auf Septuagesimä, Sexagesimä und Pentateuch herum, bis man's nicht mehr hören konnte, und im Training verstauchte ich mir den linken Fuß. Meinen guten. Ich humpelte in die Kabine, setzte mich, entknotete das Schnürband und zog vorsichtig den Schuh aus. War das Gelenk geschwollen? Verdickt?"
(2) (S. 243) "Mittags half ich beim Kartoffelschälen, wovon ich als Linkshänder am linken Zeigefinger eine wunde Stelle kriegte, wegen der ständigen Reibung an der einen Krümmung des für Rechtshänder hergestellten Kartoffelschälmessers."
(3) (S. 374) "Nach dem Klingeln versammelte sich die ganze Klasse zur Physikstunde in einem Hörsaal im Neubau. Michaela Vogt saß mit ihrem schulterlangen Lockenhaar zwei Reihen unterhalb von mir und schrieb fast alles mit, und zwar mit links. Das war eine Gemeinsamkeit, auf die ich sie irgendwann ansprechen könnte, dachte ich, denn ich war ja selbst ein geborener Linkshänder. Wenn man mal zusammen irgendwo in einem Fahrstuhl steckengeblieben war: 'Ach, und du bist linkshändig?' Ganz überrascht tun, so als ob man das noch gar nicht gewußt hätte, und sich die linke Hand dann irgendwie genauer zeigen lassen ..."
(1) (S. 186/87) "In Mathe saß ich wieder neben Ralale, dienstagsmorgens, in einer erdrückenden Doppelstunde, und danach konnten wir uns beim Tischtennis austoben. Die Tatsache, daß ich mit links spielte, verwirrte die anderen. Damit kamen sie nicht klar, weil sie an rechtshändige Gegner gewohnt waren, und ich machte auch Ralle alle, obwohl er eine schweinsgemeine Art hatte, die Bälle anzuschneiden, so daß sie nach dem Aufprallen in unberechenbaren Winkeln zur Seite sprangen oder sogar nach hinten."
"Wörter sind oft so irreführend. (...) Auch die Zeile aus dem
Weihnachtslied 'Alle Jahre wieder': 'daß es treu mich leite an der lieben
Hand' hatte ich mir auf meine Art plausibel gemacht. Ich sang
jedesmal: 'an der linken Hand'. Damit zog ich das Christkind auf meine Seite,
es war, so wie ich, Linkshänder! Das Linkshändigsein half mir übrigens
schon sehr früh, die Leute einzuteilen. Noch bevor ich zur Schule ging,
malte ich alle Wörter fleißig ab, bis einmal der Rektor, der in
unserem Haus wohnte, zu mir sagte: 'Das ist ja Spiegelschrift!'
Ich gewöhnte es mir daraufhin beim Schreiben mühsam ab. Von diesem
Moment an gab es für mich zwei Sorten Menschen; die, die mich als Linkshänder und
wegen meiner roten Haare als 'Hexe mit greulichen Augen' verhöhnten, und die, die keinen Anstoß daran nahmen, Freunde und
Feinde also. Es hat wirklich meine Kindheit geprägt, dieses blöde:
Bäh, Linkshänder! Und noch immer fällt es mir auch im Fernsehen,
bis heute, sofort auf, wenn jemand mit der linken Hand zum Füller greift.
Im ersten Augenblick kommt es mir dann so vor, als wäre es ein guter Bekannter."
Aus: Brigitte Kronauer: Frau Mühlenbeck im Gehäus. 1980, hier nach
der Ausgabe von 1991, Klett-Cotta (Stuttgart), S.18/19
"... und nehme dankend den Stock als Geschenk von dir an. Leb wohl, liebe Eiche!? So sprach das TeuFeenchen, nahm den Wanderstab in die Linke, er war Linkshänder so wie viele von euch, die diese Geschichte lesen, und marschierte kräftig darauf los. Am Nachmittag hörte das TeuFeenchen leises Geplätscher und ..."
Den gesamten Text des Märchens finden Sie unter
http://gutenberg.spiegel.de/suchverl/hauer/teufeen.htm
"Grade hatte ich einen interessanten Fall. Ein berühmter Pianist, Russe, hatte vor zwei Jahren ein seltsames Erlebnis. Er sah in einem Museum in Brüssel ein Klavier mit einer umgedrehten Tastatur für Linkshänder, also die hohen Töne liegen auf der linken Seite. Er, der eigentlich Linkshänder ist, aber bis zum Alter von sechsunddreißig Jahren ein ganz normales Klaiver benutzte, setzt sich davor und kann spielen! Er war sehr fasziniert und wußte, das ist besser für ihn. Heute gibt er berühmte Konzerte auf einem solch umgedrehten Klavier, er hat natürlich etwas üben müssen, ist aber absolut auf dem hohen Level wie zuvor. Er ist der festen Überzeugung - auch andere sind es - daß er anders und besser spielt. Er kommt demnächst hierher, und wir werden Versuche machen, uns angucken, was bei ihm anders ist im Gehirn, wie sind die Hände lokalisiert und so weiter. ..."
Aus: Gabriele Goettle: Experten. Frankfurt: Eichborn Verlag 2004. S. 230
"Wegen des knappen Papiers feilte er in Gedanken lange an den Sätzen, ehe er sie niederschrieb, denn eine gestrichene Seite war Verschwendung. Und immer der innere Kampf zwischen links und rechts, immer mußte er erst überlegen, in welche Hand der Bleistift gehörte, immer erst diese Sekunde des Zögerns, der Unsicherheit, bevor er schrieb, als suche man in der Dunkelheit erst den richtigen Schlüssel für ein Schloß. Er war Linkshänder, schreiben mußte er mit der rechten Hand, in einer erzwungenen, für ihn ganz künstlichen Haltung, die immer erst bewußt eingenommen werden mußte. Die Lehrer der Dorf- und Kleinstadtschulen, durch die er während seiner Evakuierungen geschleift wurde, hatten sich darauf konzentriert, ihm jedesmal, wenn er einen Griffel, Bleistift oder Federhalter in die linke Hand nahm, mit der schrafen Kante des Lineals auf die Hand zu schlagen. Die Hand war oft blutig, schmerzte, trotzdem nahm er immer wieder das Schreibzeug ohne Absicht in die linke Hand, die Schläge wiederholten sich ebenso automatisch, das Schreibzeug wanderte in die rechte Hand und war dann doch wieder unversehens in der linken, und wieder sauste das Lineal auf die linke Hand, hinterließ rote Striemen, hinterließ das Schreibverbot der linken Hand. Und so schrieb er nun als Linkshänder mit der rechten Hand, in einer unnatürlichen Haltung, die oft Schmerzen bereitete, dazu auch noch in einer Mischung aus alter deutscher Schrift, die er noch gelernt hatte, und der jetzigen lateinischen Schrift, verschlungene ortreihen, ineinanderlaufende Sätze, die sich unleserlich von links nach rechts schräg über das Blatt zogen, wie ein undurchdringliches Dornengestrüpp das Aufgeschriebene wieder verschlossen; schrieb in seinem Bett auf den angezogenen Beinen, schrieb im Dunkeln, in der unerträglich langsam verrinnenden Nacht, in der atemlosen Nacht, die zum Ersticken war, die wie ein stillstehender schwarzer Fluß auf den Tag wartete, auf die Helligkeit des Morgens, der behutsam und langsam herandämmernd alles wieder in Bewegung brachte; schrieb zwischen Albträumen, aus denen er schreiend hochfuhr, Wörter und Sätze, die wie Steine in einem Steinbruch übereinanderrutschten, Wörter und Sätze, in denen seine Angst lebte, die ihn wie ein treibender Strudel hinabzog in ein ewiges Erinnern, Nachtgeschichten über das, was er nicht vergessen konnte, Tagesgeschichten, die ein wildes Lachen durchzog, und so erfand er nachts oft Tagesgeschichten mit grellem Gelächter und schreiendem Leben, lachte darüber, hielt sich damit wach und sank, in einem kurzen Einnicken, wieder in die Nachtgeschichten zurück, ..."
Dieter Forte: Das Haus auf meinen Schultern. Romantrilogie. Frankfurt:
Fischer Taschenbuch Verlag 2003 (1999), S. 762/63. Der Autor ist
Jahrgang 1935
"Frau Grün-Reifferstein war auch gerade die rechte Lehrerin für unsere Töchter. Oft erzählte sie mir und der Polizeilieutenanten von ihrem früheren Bühnenleben und den Gefahren, welche den jungen Anfängerinnen dort drohen. Sie aber sei stets stark geblieben und habe sich nie erniedrigt, selbst nicht, als einmal ein Fürst sich linkshändig mit ihr hätte trauen lassen wollen. Sie wisse, was es hinter den Kulissen auf sich habe für Alle, welche nicht gefestigt zur Bühne gingen, sie aber festigte ihre Schülerinnen, eben weil sie jene Gefahren kennen gelernt. Wie froh war ich, meine Emmi in so guten Händen zu wissen. Daß die älteste Tochter von der Heimreichen aus erster Ehe auch bei der Grün "studirte", wie sie es nennen, war mir zwar nicht recht mit, aber sie sollte ja etwas Stimme haben und da drückte ich denn ein Auge zu, obgleich die Mutter mir ein Greuel ist."
Julius Stinde: Die Familie Buchholz. Aus dem Leben der Hauptstadt. Berlin,
1885. Verlag von Freund & Jeckel.
Den Text der 20. Aufl. finden Sie unter http://gutenberg.spiegel.de/stinde/famibuch/famibuch.htm
"Gott verzeih mir meine Sünden!" versetzte Don Quijote; "wie schlecht steht es um einen Statthalter, der nicht lesen noch schreiben kann! Denn du mußt wissen, mein Sancho, wenn ein Mensch nicht lesen kann oder linkshändig ist, so beweist das zweierlei: daß entweder seine Eltern zu arm und zu gering waren oder er so verkehrt und schlecht geartet, daß er nicht imstande war, gute Sitte und gute Lehre anzunehmen. Das ist ein großer Mangel an dir, und ich wünschte daher, daß du wenigstens unterschreiben lerntest."
Den gesamten Don Quijote im Volltext finden Sie unter http://gutenberg.spiegel.de/cervante/quijote/nr1.htm
Richter, Kapitel 3, Vers 15
Da schrien sie zu dem Herrn, und der Herr erweckte ihnen einen Retter,
Ehud, den Sohn Geras, den Benjaminiter; der war linkshändig.
Und als die Israeliten durch ihn Tribut sandten an Eglon, den König
der Moabiter, ...
Richter, Kapitel 20, Vers 16
Und unter diesem ganzen Volk waren siebenhundert auserlesene Männer,
die linkshändig waren und mit der Schleuder ein
Haar treffen konnten, ohne zu fehlen.
© 2004-2021 socialnet GmbH | Impressum | Datenschutz